- hermetische Literatur
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Schrifttum einer spätantiken religiösen Offenbarungs- und Geheimlehre, als deren Verkünder und Verfasser Hermes Trismegistos angesehen wurde. Hermetische Literatur findet sich v. a. im »Corpus Hermeticum« (nach dem Titel des ersten der 18 Teile auch »Poimandres« genannt). Die Sammlung wird dem 2./3. Jahrhundert zugerechnet (Teile gehören mindestens dem 1. Jahrhundert v. Chr. an). Die hermetische Literatur besteht aus Traktaten in Brief-, Dialog- oder Predigtform, sie zeigt Einflüsse u. a. ägyptischer und orphischer Mysterien, neuplatonischer Gedanken und handelt von Wiedergeburt, Ekstase, Reinigung, Opfer, mystische Vereinigung mit Gott. Im 3. und 4. Jahrhundert übte sie Einfluss auf die christliche Gnosis aus. Vornehmlich durch arabische Vermittlung blieb die hermetische Literatur auch für das Mittelalter lebendig (P. Abaelardus, Albertus Magnus). Das »Corpus Hermeticum« wurde durch lateinische (M. Ficino, 1471) und griechische Übersetzungen für den europäischen Humanismus bedeutsam. Starken Einfluss hatte die hermetische Literatur auf die Alchimie, Astrologie und verschiedene okkultistische Theorien und Strömungen der Literatur des 16. und 17. Jahrhundert (H. C. Agrippa von Nettesheim, P. A. T. Paracelsus, J. V. Andreä) sowie im 18. Jahrhundert auf die Freimaurerei.Ausgaben: Hermetica. The ancient Greek and Latin writings which contain religious or philosophical teachings ascribed to Hermes Trismegistus, herausgegeben von W. Scott, 4 Bände (1924-36, Nachdruck London 1968); Corpus Hermeticum, 4 Bände (1945-60).E. Iversen: Egyptian and hermetic doctrine (Kopenhagen 1984).
Universal-Lexikon. 2012.